Mobilität im ländlichen Raum – Smarte KARRE geht als Vorbild voran

Das Schäftersheimer Projekt Smarte KARRE ist Vorbild für Andere. Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch lädt zur Diskussion in Ilsfeld ein.

Diskutierten in Ilsfeld über klimafreundliche Mobilitätskonzepte auf dem Land: Dr. Martina Klärle, Andreas Vierling, Friedlinde Gurr-Hirsch, Thomas Schiroky und Thomas Gessler (v.l.). Foto: Christiana Kunz

Wie kann die Verkehrswende im ländlichen Raum gelingen, wo das Auto unverzichtbar ist? Wo rund 68 Prozent der Menschen mit dem Pkw viele kurze Strecken zurücklegen? Wo es keine oder nur eine lückenhafte Anbindung zum ÖPNV gibt? Und wo im Gegenzug die Sitzplätze in Bürgerbussen unbesetzt bleiben und sich ungenutzte E-Carsharing-Autos die Reifen plattstehen?

Letzteres ist in Ilsfeld tatsächlich der Fall. Das berichtete ´Thomas Gessler, Klimaschutzbeauftragter der Gemeinde, beim Diskussionsabend „Mobilität im ländlichen Raum – Konzepte und Herausforderungen“. Das E-Auto, das neben dem Musikerheim in Auenstein steht, muss wegen zu geringer Nutzerzahlen umgestellt werden. „Es gab keine einzige Buchung“, sagte Thomas Gessler. Die beiden anderen E-Autos in Ilsfeld würden hingegen von der Gemeinde, der Diakonie und Privatleuten gut genutzt werden.

E-Carsharing mit 100 Prozent Ökostrom

CDU-Landtagsabgeordnete Friedlinde Gurr-Hirsch und der örtliche Gemeindeverband Ilsfeld hatten zu der Infoveranstaltung in die Gemeindehalle eingeladen. Gurr-Hirsch sitzt als Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz auch im Kabinettsausschuss Ländlicher Raum. Dort spielen unter anderem die Strukturveränderungen in der Mobilität eine Rolle. Mit 1,7 Millionen Euro seien bislang über 50 Modellprojekte, die sich mit Mobilitätskonzepten beschäftigen, gefördert worden, so Gurr-Hirsch. Im Rahmen des Infoabends stellte Untergruppenbachs Bürgermeister Andreas Vierling das Konzept seiner Gemeinde vor und Ingenieurin und Professorin Dr. Martina Klärle präsentierte ihr Modellprojekt „Smarte Karre“. Ein umweltfreundliches Mobilitätsangebot, das Klärle in Schäftersheim aufgebaut hat, einem 800-Einwohner-Stadtteil von Weikersheim.

Gefördert wird das Projekt vom Bund. Das Prinzip: Auf dem so genannten Plusenergiehof Hof 8 wird mit Phtovoltaikanlagen und einer horizontalen Windkraftanlage auf den Dächern zu 100 Prozent Ökostrom erzeugt. Denn: „E-Autos machen nur Sinn, wenn sie mit erneuerbaren Energien betrieben werden“, so Martina Kärle.

17 000 Euro habe sie für die Windkraftanlage gezahlt, 1700 Kilowattstunden erzeuge die Walze, beantwortete sie die Frage eines Zuhörers. Für elf Cent pro Kilowattstunde könnte Klärle den Strom verkaufen, erklärte die Ingenieurin weiter. hauptsächlich würden mit ihm aber die fünf e-Autos betrieben, die auf dem Hof 8 zum Verleih stehen. Eine andere Form des Carsharings also. „Die Barriere, sich selbst ein E-Auto zu kaufen, ist hoch. Beim Ausleihen ist das anders. Bei der Smarten Karre ist auch die Versicherungsfrage geklärt.“

Ilsfeld ist stolz auf sein Nahwärmenetz

Bei Bedarf können ehrenamtliche Fahrer aus dem Ort hinzu gebucht werden. An zwei Tagen sind die Wagen zum Einkaufen reserviert. Die Idee zu diesem Konzept sei zu Beginn in der Ortschaft auf Interesse gestoßen, „allerdings konnten sich viele auch nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte“, berichtete Klärle. Das war vor einem guten Jahr. „Bis heute haben sich 70 Leute angemeldet, 40 davon aus dem Ort. 400 Buchungen haben wir im Jahr. Man braucht Geduld, mindestens ein Jahr, bevor es anläuft“, schätzt sie, die seit neun Jahren überzeugte E-Auto-Fahrerin ist.

Dass ihre Gemeinden das Thema umweltfreundliche Mobilitätskonzepte längst auf der Agenda haben, machten Thomas Gessler und Andreas Vierling deutlich. Besonders erwähnenswert: Ilsfeld versorgt bald mit seinem Nahwärmenetz 340 Häuser.

Untergruppenbach ist stolz auf die geförderte Vollzeitstelle, die ab April für einen Mobilitätsmanager geschafft wird. 174 Kunden nutzten das E-Carsharing-Angebot, so Rathauschef Andreas Vierling. Das Buskonzept werde derzeit vom Landratsamt Heilbronn überarbeitet. Die Ergebnisse der Studie zur Bottwartalbahn stehen noch aus. Vier Bahntrassen seien möglich.

Diskussionsstoff

Den Vorträgen schloss ich eine rege Diskussion über Mobilität und Ansätze zur Verkehrswende – sowohl in der Region als auch weltweit – an. „Die Stadtbahn muss kommen“, plädierte etwa Norbert Weinert aus Untergruppenbach. Simon Müller aus Cleebronn versprach: „Käme die Zabergäubahn, würde ich täglich damit nach Heilbronn pendeln.“ Parkplätze an den Bahnhöfen seien dabei jedoch eine Grundvoraussetzung. Und Gerhard Jäger aus Ilsfeld verurteilt „die Perversion der Spedition“ auf den Straßen.

Interessierte Bürgerinnen/ Bürger hatten die Möglichkeit bei der Podiumsdiskussion Fragen zum Thema Mobilität zu stellen. Foto: Friedlinde Gurr-Hirsch