Geballtes Wissen zu erneuerbaren Energien
Tour de Erneuerbar begeistert zum Thema Nachhaltigkeit.
Die erste Tour de Erneuerbar zeigte eindrucksvoll, wie die Energiewende in unserer Region gelingt. Bei strahlendem Sonnenschein startete Kolonne aus 20 E-Autos ihre Tour durch die Region beginnend vom Plusenergie Hof8 der Klärle GmbH in Schäftersheim. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums rief Prof. Dr. Martina Klärle zur Dekarbonisierungstour auf und organsierte eine Rundfahrt mit insgesamt fünf lehrreichen Stationen zu Geothermie, Biomasse, Windkraft, Solarenergie und Wasserkraft.
Die Idee dahinter, Interessierten die Kraft des Klimaschutzes und der Wirtschaftskraft der Erneuerbaren Energien gleichmaßen auf touristische Art zu offenbaren und gleichzeitig die schönsten Ecken der schätzenswerten Landschaft zu zeigen. So waren die Etappen der 70 km umfassenden Tour de Erneuerbar durch idyllische Nebentäler und über Anhöhen des Taubertals. Auch Ortskundige der rund 40 Teilnehmer staunten über bisher unbekannte, malerische Orte.
Vom Landwirt zum Energiewirt mit Kuhfladen und ein Haufen Bakterien
Beim ersten Zwischenstopp erkundeten die rund 20 E-Autos die Biogasanlage auf den Anhöhen des Hof Aischland im Norden Weikersheims. Norbert und Magret Beck berichteten von deren Pionierarbeit in Sachen Entstehung und Idee der Biogasanlage. Dabei erklärt Norbert Beck das Grundprinzip einer Biogasanlage der Verwertung von Bioabfällen und der Gülle der hofeigenen Milchkühe, die so viel Energie produzieren wie 250 Weikersheimer Haushalte benötigen. Dieser Gedanke erfüllt das Ehepaar Beck mit Stolz und gibt Ihnen auch viel Kraft für die weitere Arbeit. Für die Zukunft wünscht sich Beck eine schnelle Entscheidung für die Photovoltaikanlagen, die älter als 20 Jahre sind, damit auch diese wirtschaftlich weitergeführt werden können.
Vom Landwirt zum Energiewirt mit viel Wind für die Gesellschaft
Die nächste Station führte über den jüdischen Friedhof nach Laudenbach zu den regionalen Pionieren in Sachen Windkraft zum Windpark Heide nach Neubronn. Dort warteten die drei Gesellschafter der Naturkraft Tauber Verwaltungs-GmbH, Friedhelm Preuss, Karl Pflüger und Franz Schmidberger, bereits am Windrad „Nonnenklinge“, was sich in den Erzählungen der Entstehung des Windparks als eines der wirtschaftlichsten der insgesamt sieben Windräder des Unternehmens bewiesen hat. Mehrere hundert Bürger der Region sind inzwischen Gesellschafter. Die Bürgerbeteiligung und die faire Aufteilung der wirtschaftlichen Erfolge haben zur Akzeptanz geführt, was ein Erfolgsgarant für das friedliche und gleichermaßen wirtschaftliche Betreiben des Klimaschutzes ist. Die größte Herausforderung stellte die vor 25 Jahren, als die ersten Windräder entstanden, die Einbindung in das überörtliche Netz dar. Für die Zukunft wünschen sich die Betreiber eine bundesweit koordinierte Netzinfrastruktur für die Energie, ähnlich wie bei der Telekommunikation oder bei den Bundes- und Landesstraßen. Das würde die Energiewende deutlich beschleunigen. Klärle wiederholte inzwischen schon fast wie ein Mantra ihren Wunsch, beim nächsten Bau eines Windrads eine Aussichtsplattform zu integrieren. So würden Windkraft und Tourismus nicht mehr gegeneinander arbeiten, sondern als Symbiose im Taubertal die Vorreiterrolle von Tourismus und Windkraft gleichermaßen stärken.
Vom Landwirt zum Energiewirt mit Sonne im Herzen
Weiter ging es in der Tour de Erneuerbar hinab ins Tal nach Niederrimbach über Streichental nach Wildentierbach zum Solarpark des Landwirts Martin Ott. Der während des Planungsprozesses seines Freiflächenphotovoltaik-Parks einige Hürden zu meistern hatte. Vierzig Behörden mussten gehört werden. Ein Blendgutachten führte schlussendlich zur Bewilligung der Freiflächenphotovoltaikanlage auf einem ehemaligen Deponiegelände. „Wenn die Sonne scheint und die Wechselrichter rattern, bin ich glücklich“ so Martin Ott der mit seiner Tochter die wissbegierigen Gäste begrüßte. Die Artenvielfalt, die sich durch die extensive Bewirtschaftung der Grünfläche ergeben hat, ist zudem eine wunderbare Nebenerscheinung des Vorhabens.
Ein Haufen Holz vor der Hütte
Vorbei an weiteren Windrädern, vielen Solaranlagen wie z.B. die großen Scheunen-Solarflächen in Dunzendorf, ging es bei herrlichem Wetter über grüne Täler zum Naturwärmekraftwerk nach Bad Mergentheim. Paul Gehrig, Geschäftsführer der Stadtwerke Tauberfranken, zeigte eindrucksvoll die Kraft des Naturstoffes Holz. Die Silos des Kraftwerks werden mit Hackschnitzeln aus der Region im Umkreis von bis zu 15km gefüllt.
Wärme und Strom versorgen mit rund 2,2 Mio. kWh private Haushalte und öffentliche Gebäude in der Region. Das dazugehörige Fernwärmenetz sorgt für eine optimale Versorgung. „Die Klimaziele der Stadtwerke Tauberfranken wurden nochmals im Zeitplan gestrafft“ so Gehrig, der optimistisch und voller Tatendrang vom neuen Stromtarif „Heimatstrom“ erzählt. Lokal produzierter Strom aus 100% erneuerbaren Energien aus Biomasse, die im nahen Umkreis wachsen.
Vom Mehl-Müller zum Energie-Müller
Die wohl traditionellste Art Strom zu produzieren, zeigten die Brüder Andreas und Karl Kuhn in Markelsheim mit ihrer Taubermühle. Die Wasserkraft ist eine der ältesten Art der Stromerzeugung und hat schon damals Menschen mit Licht versorgt. Die Rückbesinnung auf heimische Erzeugnisse, wie Getreide und Mehl, sowie lokal produziertem Strom liegt den beiden Brüdern am Herzen. In guten Jahren mit ausreichend Wasser liefert die Wasserturbine mit Generator rund 550.000 kwH. Die zahlreichen Regenereignisse der letzten Wochen im Jahr 2021 haben für ein reich gefülltes Flussbett der Tauber geführt und eine positive Auswirkung auf die Stromgewinnung. Die große Investition in das Repowering der Anlage wird sich langfristig auszahlen und bringt bei gleicher Wassermenge etwa ein Viertel mehr Strom.
Voller Eindrücke und leidenschaftlicher Berichte der fünf Protagonisten und Pioniere der Energiewende endete die E-Tour am Hof8 in Schäftersheim mit einer Hofführung über den Plusenergiehof8. Die Energiewende funktioniert vor allem im ländlichen Raum besonders gut. Lokal produzieren, kurze Wege der Energieversorgung und regionale Wertschöpfung sind die Zutaten zum Gelingen einer nachhaltigen Energieversorgung.
An jeder Station rechnete Klärle aus, wie weit man mit einem Elektroauto mit der an den fünf Stationen produzierten Energiemenge fahren könnte. Rechnet man die Energie aller Stationnen zusammen, so kommt man mit einem E-Auto rein rechnerisch ca. 2.000 mal pro Jahr um die Erde – also fünfmal am Tag. Eine utopische Annahme, die jedoch zeigt wieviel Energie in unserer Natur und Region steckt. Es bleibt spannend, welche Aktivitäten die Klärle GmbH im Rahmen Ihres 25-jährigen Jubiläums in 2021 zum Thema Nachhaltigkeit einfallen lassen wird.